Werbelektorat: Warum es sich lohnt
Else Gellinek
- Dezember 7, 2021
- 7 min read
- Mit Übersetzer*innen arbeiten

Manchmal sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das gilt auch für Texte, die wir erstellen. Je vertrauter uns Texte sind, desto eher verbergen sich Fehler vor unserem suchenden Auge. Hinzu kommt, dass wir alle sprachliche Gewohnheiten und Lieblingsformulierungen haben. Wir merken sie zwar nicht, aber die schiere Wiederholung nervt andere. Und dann gibt es noch Kommaregeln oder Konjuktivformen, die wir immer schon falschgemacht haben …
Lektor*innen sind darum ein wichtiger Schritt zur Qualitätssicherung. Aber wir müssen zeitlich und finanziell in Abläufe eingebunden werden, damit wir unsere volle Wirksamkeit entfalten können.
Das klingt mühsam und teuer. Sprechen wir also darüber, warum Lektorate eine lohnenswerte Investition sind.
Was ist ein Werbelektorat überhaupt?
Es gibt verschiedene Formen des Lektorats, die sich auch danach richten, welche Textsorte vorliegt.
Die bekanntesten Lektoratsformen sind
- Wissenschaftslektorat: Lektorat wissenschaftlicher Texte, zum Beispiel Artikel für Fachzeitschriften, die von Mitarbeitenden an Universitäten erstellt werden
- belletristisches Lektorat: Lektorat von Romanen (die wahrscheinliche bekannteste Form)
- Fremdsprachenlektorat: Lektorat von Texten, die in einer Fremdsprache erstellt wurden (was ich also mache, wenn ich englische Texte lektoriere, die von deutschen Muttersprachler*innen geschrieben wurden)
Mischformen sind auch möglich. Ich lektoriere oft englische Fachartikel, die von deutschsprachigen Forscher*innen geschrieben werden, also ein Kombination aus Fremdsprachen- und Wissenschaftslektorat.
Texte, die im unternehmerischen Kontext eingesetzt werden, unterlaufen ein Werbelektorat. Das betrifft beispielsweise folgende Textsorten:
- Webseiten
- Flyer und Broschüren
- Kataloge und Broschüren
- Pressemitteilungen
- Social-Media- und Blog-Beiträge
- Newsletter, automatisierte Emails
- Mitteilungen an Stakeholder, Finanzberichte
- Kommunikation mit den Mitarbeitenden
- Fügt sich der Text in die restliche Kommunikation des Unternehmens ein?
- Wie passt der Text in das geplante Layout, zum Beispiel bei Flyern oder Webseiten?
- Wurde die Corporate Identity richtig umgesetzt?
- Tonalität und Stil
- Umsetzung von Corporate Language oder Sprachleitlinien
- Wie erfüllt der Text die Zielsetzungen im Briefing?
- richtige Zielgruppenansprache
- gewünschte Handlungsaufforderung
Unterschied zum Korrektorat
Geht es um die Optimierung von Texten, wird oft von Korrektorat gesprochen. Zwischen Lektorat und Korrektorat gibt es – wie so häufig bei sprachlichen Sachen – fließende Übergänge, aber eine grobe Unterscheidung sieht so aus:
- Korrektorat: schaut nach Rechtschreibung, Zeichensetzung und weiteren grammatischen Aspekten
- Lektorat: schaut zusätzlich nach Stil, Inhalt und Struktur
Es lohnt sich klar, explizit zu besprechen, welche Dienstleitung in welcher Tiefe gewünscht ist, um von Anfang an klare Erwartungen zu schaffen. Das schafft auch Klarheit über zu erwartende Kosten.
Was Sie von einem Werbelektorat haben
Vorteile eines professionellen Lektorats Ihrer Werbe- und Marketingtexte
Wir Textschaffenden kennen es: Es ist nur zu einem gewissen Grad möglich, die eigenen Texte zu lektorieren. Die eigenen Formulierungen sind einem nah, weil wir in sie Mühe investiert haben. Außerdem sind die Inhalte und der Hintergrund uns so vertraut, dass wir uns nur schwer in die Zielgruppe des Textes versetzen und wirklich hinterfragen können, ob wir die richtigen Worte gewählt haben.
Ist der Blick getrübt, sollten externe Expert*innen ins Boot geholt werden, wie bei allen anderen unternehmerischen Belangen.
Professionelle Werbelektor*innen bringen also viele Vorteile:
- Frische Augen: Sie kennen Ihren eigenen Text in- und auswendig, so dass Ihr Gehirn automatisch Fehler korrigiert, wenn Sie ihn lesen. Lektor*innen sehen Ihren Text zum ersten Mal und finden darum schneller Tippfehler, Gedankenfetzen und unklare Passagen.
- Blick, ob was fehlt: Während des Schreibens haben Sie Ihre Argumentation entwickelt und mehrfach durchdacht. Eine Lektorin kann Ihnen nicht in den Kopf schauen. Sie beurteilt also, wie gut Sie Ihre Gedanken zu Papier gebracht haben, oder ob Lesende Ihnen nicht folgen können.
- Fehlerfreiheit auch bei schnelllebigen Formaten wie Social Media: Klar sind Tippfehler auf Twitter kein Weltuntergang, aber nötig sind sie auch nicht
- Korrekturen von jemanden außerhalb Ihres üblichen Teams: Außer Sie haben einen Lektor im Team, werden Sie immer sachlicher und neutraler von jemanden lektoriert, der das hauptberuflich macht (und schneller gehts auch)
- geteilte finale Verantwortung für das Endergebnis: Das Inseldenken bei unternehmerischen Texten ist wenig zielführend. Konzentrieren Sie sich lieber auf Ihre Expertise und lassen Sie sich von anderen Expert*innen helfen.
Warum Werbelektorate für englische Texte besonders wichtig sind
Weiter oben hatte ich bereits das Konzept des Fremdsprachenlektorats erwähnt. Oft werden in deutschen Unternehmen englische Texte von deutschen Muttersprachler*innen geschrieben. Dabei habe ich schon eine ganze Bandbreite an Qualität von exzellent bis eher ausbaufähig gesehen. Gerade aber, wenn es um Texte in einer Fremdsprache geht, ist ein professionelles Auge wichtig – vor allem bei Texten mit Außenwirkung.
Folgende Fragen müssen dabei geklärt werden:
- Abnahme des Printlayouts in der Fremdsprache: Sind korrekte Worttrennungen und Zeilenbrüche vorgenommen worden? Wie sieht es mit zeichenbeschränkten Textpassagen aus? Oft können das die Graphiker*innen, die das Layout erstellen, für eine Fremdsprache nicht richtig beurteilen.
- Eignung des Textes für die englischsprachige Zielgruppe: Ist die richtige Tonalität getroffen, und ist der Inhalt verständlich und überzeugend? Sind hierbei unterschiedliche Konventionen bedacht worden? (Schauen Sie hierzu auch in den Artikel „Wie Sie Kritik kulturgerecht verpacken„.)
- Umsetzung des Briefings: Welches Ziel hat der Text und wird das Ziel erreicht? Die Ziele der englischen Texte können durchaus von denen der eventuellen deutschen Gegenstücke abweichen. Ist das berücksichtigt worden?
- Umsetzung des Style Guides bzw. der Corporate Language: Gibt es so etwas überhaupt für englische Texte in Ihrem Unternehmen? Wurde auf die einheitliche Schreibung von Zahlen, Produktbezeichnungen und wichtigen Begriffen geachtet. Gibt es Wörter, die zu vermeiden sind?
Warum Lektorat weh tun kann
Lektoriert werden ist nicht immer angenehm. Die geliebte Textkreation wird von einer fremden Person klinisch untersucht und bearbeitet. Man wird auf Fehler und Lücken aufmerksam gemacht. Vielleicht fühlt man sogar Abwehr und den Drang, besonders geschätzte Formulierungen zu verteidigen.
Ich kenne das! Meine Übersetzungen lasse ich von einer Kollegin lektorieren. Bei dem Anblick der vielen Kommentare und Änderungen muss ich immer seufzen. Aber, Seufzen beiseite, mit ihren Vorschlägen wird das Ergebnis immer besser.
Was hilft das gekränkte Ego zu trösten, ist genau diese Ergebnisorientiertheit. Texte werden für eine Leserschaft geschrieben und um die geht es. Werbetexte sind Ihr Instrument, um Zielgruppen zu erreichen und dieses Instrument soll passgenau gestaltet sein. Eigentlich sind Sie und Ihre Lektorin bzw. Ihr Lektor ein Team und liefern eine Teamarbeit ab, wobei jede Partei die Expertise einfließen lässt.
Warum Lektorate gar nicht so teuer sind
Klar, ein professionelles Lektorat kostet Geld. Aber es kostet unterm Strich weniger als Sie denken.
- Die Frage nach der firmeninternen Lektoratslösung: Gerade mit der Sprache Englisch höre ich oft, dass andere Mitarbeiter*innen mit guten Englischkenntnissen das Lektorat übernehmen könnten. Bestimmt können das einige auch. Aber diese sprachbegabten Mitarbeitenden haben eigentlich andere Aufgaben. Die Zeit, die sie für das Lektorieren brauchen, ist Zeit, die sie von ihrer eigentlichen Arbeit abzweigen müssen. Das sind auch Kosten, auch wenn Ihre Kollegin Ihnen nachher wahrscheinlich keine Rechnung dafür ausstellt.
- Zeit ist Geld: Je zügiger das Werbelektorat, desto besser für alle. Schneller geht es immer aus routinierter Hand mit der Hilfe von Profi-Software, die die kleinen Arbeiten übernimmt, und festen Lektoratsabläufen. Ich habe beispielsweise Softwareunterstützung, um typische Sprach- und Formatfehler aufzudecken. Ich lese Texte in mehreren Durchgängen, die jeweils einer Problematik gewidmet sind, d.h. ich überprüfe beispielsweise Überschriften und den logischen Aufbau in eigenen Leserunden. Wer zu viele Sachen in einem Durchgang überprüfen will, verzettelt sich und übersieht schnell Sachen. Geübte Augen sind einfach schneller und wissen, wo typische Fehlerquellen lauern.
Investieren Sie in Ihre Textqualität
Der Hang zum Selbermachen ist stark. Bei mir ist das Tüfteln an der eigenen Website so ein Fall. Ich verbringe Stunden damit, mich in etwas einzulesen, und dann sieht mein Resultat eher mäßig aus. Vergebe ich den Auftrag an meine Webdesigner ist es stressfreier, billiger und hat nachher die professionelle Qualität, mit der ich mich nach außen darstellen möchte.
Die Parallele zum professionellen Lektorat ist offensichtlich, denke ich 🙂 Melden Sie sich, wenn Sie mehr erfahren oder ein Angebot für einen konkreten Text haben möchten.