Gendern im Englischen: 2 leicht umsetzbare Tipps
Else Gellinek
- September 6, 2021
- 5 min read
- Tipps und Tricks für Kunden
Gendern: Ein Thema, das im Deutschen zu sehr vielen Fragen führt – und zu genau so vielen Meinungen. Wie aber geht Gendern im Englischen? Das Wichtigste zuerst: Auch auf Englisch lässt sich geschlechtergerecht schreiben.
Was ist Gendern?
Im Deutschen gilt nach wie vor die Sprachpraxis des generischen Maskulinums. Das generische Maskulinum beansprucht für sich geschlechtsneutral zu sein und alle Geschlechter gleichberechtigt abzubilden. Es wird also die männliche Form benutzt und andere Geschlechter sollen mitgedacht werden. In diesem Modell würde das Wort „Übersetzer“ nicht nur männliche, sondern auch weibliche und nicht-binäre Übersetzende umfassen. Leider gibt es diverse Experimente und Untersuchungen, die zeigen, dass eben nicht alle Geschlechter mitgedacht werden – im Kopf der Sprechenden und Hörenden tauchen primär männliche Assoziationen auf (siehe hierzu ein Artikel von Anatol Stefanowitch).
Gendern ist der Versuch, diese sprachliche Ungleichheit aufzuheben und diskriminierungsfreier zu schreiben, indem zumindest das weibliche Geschlecht mitgenannt wird. Es löst die Vorgängeridee des generischen Maskulinums ab.
Gendern ist heiß umstritten. Ein Hauptgrund dafür ist, dass die deutsche Sprache auf teilweise ungewohnte Weise benutzt wird, um mehr Geschlechter abzubilden. Neben der Doppelnennung („Übersetzerinnen und Übersetzer“) entstehen viele neue Formen: Binnen-I, Doppelpunkt, Gendergap, Genderstern, … Auch wenn es Möglichkeiten gibt, durch geschicktes Formulieren diese neuen Formen zu vermeiden, verlangt das Gendern gedankliche Mühe. Und dagegen wehren sich viele.
Sollten Sie auch auf Englisch genderinklusiv schreiben?
Ja, natürlich. Abgesehen davon, dass Sie mit dem Sprachwandel mitgehen sollten, ist es auch der Fairness geschuldet, dass Ihre englischen Texte alle Geschlechter berücksichtigen. Es bedeutet geringen sprachlichen Aufwand und ist auch viel weniger politisch aufgeladen als im Deutschen.
Gendersensibles Schreiben auf Englisch
Viele Unternehmen, die inzwischen gendersensible Sprache für ihre deutschen Texte eingeführt haben, wollen die gleiche Sensibilität auch im Englischen zeigen. Wieder andere Unternehmen suchen in meinen englischen Übersetzungen vergeblich nach der Übersetzung ihres Passus zum generischen Maskulinum. Beide Gruppen wollen im Kern wissen, wie Gendern auf Englisch geht.
Überblick über Gendern im Englischen
Im Englischen sind Nomen ohne grammatisches Geschlecht.
- Deutsch: das Mädchen, Englisch: the girl
- Deutsch: der Junge, Englisch: the boy
Ein Wort wie „the translator“ (Übersetzer) ist im Englisch sprachlich neutral, während im Deutschen das „er“ der maskulinen grammatischen Geschlechts mitschwingt. Lediglich die Pronomen zeigen ein Geschlecht: he/him, she/her.
Im Englischen genügt also ein schlichtes „the“, wo im Deutschen mit „der, die, das“ und diversen flektierten Formen jongliert wird. Das macht Gendern direkt sprachlich weniger aufwendig. Trotzdem wurde im Englischen oft traditionell bei der Nutzung von Pronomen auch die männliche Variante bevorzugt, eine Art Miniaturversion des generischen Maskulinums. In Verträgen wurde von „he/him“ gesprochen, oder in älteren Kindebüchern sind die meisten Tiere automatisch männlich.
Diese sprachlichen Unterschiede bedeuten, dass die Strategien für Englisch ein wenig anders aussehen als für das Deutsche.
Genderstrategien im Englischen
1. Personalpronomen
- Vermeiden Sie sie, wo sie unnötig sind.
- Seien Sie spezifisch und nutzen das korrekte Pronomen, um auf einen Mann oder eine Frau zu verweisen.
- Ist das Geschlecht nicht bekannt oder nicht wesentlich, können Sie das singuläre „they“ nutzen.
- Wenn Sie sich auf Personen beziehen, deren Geschlecht unwesentlich ist, dann können Sie die männliche und weibliche Form abwechselnd benutzten oder beide nennen. Machen Sie das aber nicht zu viel, da es den Text sonst überfrachtet,
2. Vermeiden Sie geschlechtsspezifische Bezeichnungen
Im Englischen wird vermehrt auf Genderneutralität geachtet. Wo das Geschlecht nicht näher festgelegt ist, oder wo es für die Handlung nicht wesentlich ist, müssen Sie auch keine sprachliche Aussage treffen. Und Sie müssen sich auch nicht auf binäre Geschlechter festlegen.
- geschlechtsspezifische Berufsbezeichnungen: Statt „policeman“ oder „actress“ wählen Sie lieber „police officer“ oder „actor“.
- Verwandtschaftsbezeichnungen: Sind wirklich Mütter gemeint oder gilt die Aussage für Eltern allgemein („parents“)?
2 Bonustipps für Ihre englischen Texte
Insgesamt ist Gendern im Englischen nicht so kompliziert wie im Deutschen. Mit Achtsamkeit bei der Verwendung von Personalpronomen und Berufsbezeichnung erreichen Sie schon eine große Wirkung.
Ich habe hier 2 zusätzliche Hinweise für Übersetzungen aus dem Englischen. Im Kern zielen sie darauf ab, dass Sie nicht vergessen, dass für das Gendern im Englische deutsche Genderkonventionen nicht wichtig sind:
- Der Passus, dass das generische Maskulinum auch andere Geschlechter mitgemeint, ist typisch für deutsche Texte. Im Englischen ist diese Erklärung sinnlos und wird nicht übersetzt, da sie der Leserschaft der englischen Texte keine verwertbaren Informationen bietet. Wundern Sie sich also nicht, wenn solche Textbausteine nicht den Weg in die Übersetzung finden.
- Bei Übersetzungen aus dem Deutschen wird oft die Doppelnennung gewünscht. Im Deutschen gilt sie als die am wenigsten umstrittene Variante des Genderns, da sie keine Sprachregeln bricht. Trotzdem ist es so, dass eine durchgehende Doppelnennung in englischen Texten völlig unüblich ist. Tatsächlich verursacht genderinklusives Schreiben im Englischen kaum sprachliche „Kosten“. Ein Grund mehr, sich nicht davor zu scheuen.
Wie sehen Sie das? Setzen Sie das bereits um? Oder möchten Sie sich von mir überzeugen lassen? Sprechen wir darüber!