Buchbesprechung: Wissenschaftliche Texte auf Englisch schreiben
Else Gellinek
- Mai 20, 2017
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- Lesetipps
Wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben ist kein Pappenstiel. Wenn sie zusätzlich auf Englisch verfasst werden sollen, bringt das ganz neue Herausforderungen mit sich.
- Ihre Literatur ist auf Deutsch, aber Sie sollen Ihre Argumente auf Englisch formulieren.
Übliche Formulierungen, die im Deutschen leicht aus der Feder fließen, wollen Ihnen auf Englisch nicht recht einfallen. - Die deutsche Argumentationsweise ist ganz anders als in den USA oder Großbritannien. Der erwartete Schreibstil oder die Struktur Ihrer Argumente muss ganz anders sein, als Sie es gewohnt sind.
- Wie gut, dass es hilfreiche Bücher gibt, die Ihnen wertvolle Tipps und Lösungsvorschläge bieten, damit Sie nicht völlig planlos in die Schreibarbeit starten müssen!
Wissenschaftliche Texte auf Englisch schreiben: Leitfaden für die Praxis
Dirk Siepmann hat eine Handreichung für diese Herausforderungen geschrieben. Sein Buch „Wissenschaftliche Texte auf Englisch schreiben: Leitfaden für die Praxis“ führt den Leser durch die wichtigsten Etappen auf dem Weg zu einem sauber formulierten englischen Text.
Nicht immer hat man Lust, einen 500-seitigen Wälzer durchzuarbeiten, bevor das eigentliche Schreiben beginnen kann. Schließlich ist schon viel Zeit für die Literaturrecherche und -sichtung benötigt worden. Dieser kompakte Ratgeber kommt Ihnen entgegen und legt auf knappen 176 Seiten die wichtigsten Punkte dar. Der Untertitel „Leitfaden für die Praxis“ trägt den entscheidenden Hinweis. Theoretische Erkenntnisse sind schön, aber Sie wollen Sie auch schnell und effizient umsetzen. Auf die Sprünge helfen Ihnen hierbei zahlreiche echte Beispiele aus diversen Fachrichtungen. So erkennen Sie, wie wissenschaftliches Schreiben funktioniert.
Das Buch gliedert sich in 2 Hauptteile.
Teil 1: Sprachhandlungen in wissenschaftlichen Artikeln
Ein bisschen Theorie muss sein! Die größte Hürde für deutschsprachige Autoren englischer Texte liegt darin, dass typische Schreibstrategien des Deutschen im Englischen verpönt sind. Wer die folgenden Punkte beim Entwurf seines oder ihres Texte im Hinterkopf behält, hat schon halb gewonnen:
- Es ist die Aufgabe des Autors, das Verständnis des Lesers sicherzustellen. Wird der Text nicht verstanden, dann sind es nicht die dummen Leser – es liegt am Autor.
- Die Texte versuchen zu überzeugen, und zwar durch Argumentationskraft und nicht nur indirekt durch die besseren Argumente.
- Die Argumentation erfolgt sehr gradlinig. Kein Exkurse, zusätzliche Gedanken, ausschweifende Fußnoten, etc.. Hier ist strukturelle Disziplin gefragt!
Haben Sie diese kurze Passage überstanden, geht es wieder praktischer zur Sache. Siepmann nimmt sich die typischen Bestandteile von wissenschaftlichen Texten vor – Ergebnisse, Einleitung, Methoden, Discussion/Conclusion, Abstract, Titel und Überschriften – und erklärt gebräuchliche Sprachmerkmale, beispielsweise welche Verbformen am häufigsten genutzt werden. Tabellen mit Standardformulierungen bekommen Sie auch.
Teil 2: Sprachliche Probleme und Lösungsstrategien
Jeder wird einsehen, dass die Wissenschaftssprache deutlich weniger frei als die Umgangssprache ist. Genau wie im Deutschen unterliegt die englische Wissenschaftssprache starken Konventionen. Man sagt also etwas auf eine ganz bestimmte Art und Weise und nicht anders. Wer sich auf ungewöhnliche sprachliche Pfade begibt, fällt negativ auf.
Dieser Teil bietet Hilfe auf den Wort-, Satz- und Textebenen. Sie finden Sammlungen von Standardformulierungen, Übungen zum Selbststudium und Beispiele dafür, wie Sie besser nicht schreiben sollten.
- Das Kapitel zur Wortebene enthält hilfreiche Hinweise zum richtigen Umgang mit Wörterbüchern und erklärt, warum man besser nicht einfach im Wörterbuch blättern und das nächstbeste Wort herauspicken sollte. Auch finden Sie hier gute Tipps, wie Sie deutsche Terminologie ins Englische übertragen können mit Hilfe vernünftiger Recherche.
- Das Kapitel zur Satzebene erklärt, wie Sie am besten die Informationen im Satz verteilen und wie Sie deutsche Konstruktionen sinnvoll im Englischen wiedergeben. Anhand von Negativbeispielen können Sie schnell sehen, wie Sie es nicht machen sollen. Sehr hilfreich!
- Die Ausführungen zur Textebene zeigen Ihnen, wie Sie Sätze und Gedanken miteinander verbinden können. Dieser Teil fühlt sich theorielastiger als die anderen Teile an, aber es lohnt sich, dass Sie durchhalten.
Bonus: Textvorlagen zum Download
Als kleines Bonbon enthält das Buch noch einen Link für den Download einiger typischer englischsprachiger Anschreiben, z.B. an den Herausgeber einer Zeitschrift. Schließlich möchten Sie nun Ihre englischen Texte an dem Mann bringen!