Warum Ihre Zielgruppe lieber nicht die ganze Welt sein sollte
Else Gellinek
- September 28, 2015
- 4 min read
- Mit Übersetzer*innen arbeiten
Wer es allen recht machen will, kann oft keinen zufriedenstellen. Dieser Grundsatz gilt auch für Marketingkampagnen. Versuchen Sie nicht, nur aus der Befürchtung heraus, dass Sie sonst mögliche Kunden verprellen, die breite Masse anzusprechen. Zielführender ist es, Sie beschränken sich auf eine Gruppe von potentiellen Kunden – eine, die hochwahrscheinlich an Ihrem Angebot interessiert sein wird. Allzwecktexte, die Sie an ein generisches Publikum richten, werden nur wenige davon überzeugen können, dass Sie tiefe Einsichten in die Bedürfnisse Ihrer Kunden haben.
Warum sollte es mit einer Übersetzung anders sein? Auch hier lohnt es sich, genauer zu überlegen, WER erreicht werden soll, damit die Botschaft treffsicher übermittelt wird.
Grenzen Sie Ihre Zielgruppe ein
Zielgruppen lassen sich fein- oder grobkörnig eingrenzen. Dabei können Sie verschiedene Kriterien zugrunde legen: Sprechen Sie mit Ihrem Angebot Einzelpersonen an, dann sortieren Sie nach Alter, Interessen, Beruf oder Einkommen. Sprechen Sie Unternehmen an, dann filtern Sie nach Industriezweig, Marktbegleiter, Umsatz, Wettbewerbssituation oder Marktlücken. Diese Erkenntnisse besitzen Sie dank Ihrer Umsatzstatistiken und Marktforschung.
Mit den gleichen Fragen grenzen Sie idealerweise die Zielgruppe einer Übersetzung ein. Häufig macht aber die Zielgruppendefinition vor Ländergrenzen halt: Entweder sollen einfach alle Menschen in einem Land mit der Übersetzung erreicht werden oder man geht von einer identischen Zielgruppe aus, die lediglich mit einer anderen Sprache angesprochen werden möchte – in diesem Fall Englisch. Englisch gilt schließlich inzwischen als globale Verkehrssprache.
Folgende Übersetzungsszenarien sind denkbar:
- Sie unterhalten bereits klare Auslandsbeziehungen zu englischsprachigen Ländern und wollen eine Übersetzung der Firmenwebsite als Serviceleistung anbieten, z.B. um einen Webshop zur Verfügung zu stellen.
- Es bestehen Geschäftsbeziehungen in mehrere Länder mit jeweils unterschiedlichen Nationalsprachen. In diesem Fall würde eine englische Website ein erstes Informationsangebot bereithalten.
- Sie strecken erstmals Ihre Fühler nach dem internationalen Markt aus. Für den Anfang beschränken Sie sich auf Englisch, um mit ausländischen Marktteilnehmern zu kommunizieren.
- Sie wollen eine englische Websiteübersetzung als Hilfsmittel nutzen, während Sie proaktiv nachforschen, ob das Ausland mögliche Absatzmärkte für Sie bereithält.
Kennen Sie die Grenzen der Zielgruppe
Je weiter Sie mit einer englischen Übersetzung Ihr Netz auswerfen, desto mehr müssen Sie zielgruppenbedingte Konsequenzen in Kauf nehmen.
Nehmen wir zwei entgegengesetzte Fälle einer englischen Websiteübersetzung:
Zielgruppe ist ein geografisch klar definierter Markt aus englischen Muttersprachlern, z.B. die USA
Auch wenn wir innerhalb der USA keine weitere Unterteilung vornehmen, liegt hier eine Zielgruppe mit gleichartigen Englischkenntnissen vor, die einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund besitzt und mit der politischen, sozialen und geschichtlichen Landschaft Amerikas annähernd ähnlich vertraut ist. Wir richten unsere Botschaft an einen einzigen Kulturkreis. Das lässt viel Raum für Sprachspiele, Humor oder Anspielungen. Hier können wir Übersetzer(innen) tief in die kreative Trickkiste greifen.
Zielgruppe umfasst alle nicht deutschsprachigen Websitebesucher
Websitebesucher können aus der ganzen Welt kommen. Das ergibt eine bunte Mischung an Muttersprachen, kulturellen Hintergründen und Englischkenntnissen. In diesem Fall richten wir unsere Botschaft an mehrere Kulturkreise. Da ist kein Raum für Sprachspiele, Humor oder Anspielungen. Wo die Zielgruppe nur ein geringes Fundament an gemeinsamem Wissen hat, werden sie vielleicht nicht verstanden oder können sogar für Verwirrung sorgen. Das wollen wir auf keinen Fall.
Als Faustregel gilt, je mehr Ländergrenzen eine englische Übersetzung passieren soll, desto präziser muss sie auf Menschen zugeschnitten sein, die Englisch als Zweit- oder Fremdsprache sprechen. Kreatives Übersetzen ist hier fehl am Platz. Die Kunst liegt darin, möglichst klar und eindeutig Informationen zu übermitteln und bei Bedarf sogar zusätzliche Erläuterungen einzubauen. Eine Übersetzung für diese Zielgruppe würde eher durch sprachliche Schlichtheit bestechen.
Fragen zur Zielgruppe sind wichtig, damit wir Übersetzer(innen) die richtigen sprachlichen Entscheidungen treffen können. Kennen Sie die Antworten nicht? Dann können wir gemeinsam darüber sprechen.